Betreff: Satzungsänderungen wg. Basel III?Eine Welle von Satzungsänderngen rollt über das Land. Diese Satzungsänderungen werden von den in rechtlichen Dingen zumeist unerfahrenen Vorständen und Aufsichtsräten vom Prüfverband oder Bundesverband übernommen.
Nachfolgend dazu ein Muster, das aber bundesweit identisch benutzt wird.(Hervorherbung durch den Autor):
"Basel III definiert den Begriff des sogenannten „harten Kernkapitals“ neu und schreibt vor, wie viel hartes Kernkapital vorzuhalten ist, um Risiken abzusichern. Hartes Kernkapital darf künftig weder kündbar noch rückzahlbar sein.
Die Geschäftsguthaben einer Kreditgenossenschaft gehören seit jeher zu ihrem harten
Kernkapital. Da Geschäftsguthaben einer Genossenschaft rückzahlbar sind, hätte Basel III zur Folge, dass sie von der Bankenaufsicht nicht mehr als Kernkapital angesehen werden. Das heißt,
Geschäftsguthaben würden dann künftig als Fremdkapital behandelt. Das wollen und dürfen wir nicht zulassen! Deshalb müssen wir jetzt handeln.
Was können wir tun? Eine Sonderregelung, die unsere Verbände in zähen Verhandlungen in Basel erreichen konnten, zeigt den Weg. Denn in Basel III wird an einer entscheidenden Stelle den Besonderheiten von Genossenschaften Rechnung getragen. Im Regelwerk ist nämlich bestimmt, dass Geschäftsguthaben einer Genossenschaft dann weiterhin als hartes Kernkapital gelten sollen, wenn deren Rückzahlung theoretisch verweigert werden kann.
Das heißt also: Wenn wir diese Spezialregelung für Genossenschaften durch eine Änderung unserer Satzung aufgreifen, dann stellen wir auch künftig sicher, dass die Geschäftsanteile hartes Kernkapital bleiben.
Das heißt weiter, dass wir die Satzung so ändern müssen, dass dort die theoretische
Möglichkeit aufgenommen wird, Geschäftsguthaben nicht zurückzuzahlen.
Das Gute dabei ist: Wir erfüllen durch eine kurze Einfügung in die Satzung die Forderung von Basel III und trotzdem muss die Raiffeisenbank Weilheim eG von dieser Regelung niemals Gebrauch machen.
Denn in der Praxis ändert sich gar nichts. Im Fall des Austritts eines Mitglieds aus der Genossenschaft wird sein Geschäftsguthaben wie jeher ausbezahlt. Selbst in der bisher schlimmsten aller Finanzkrisen ist es uns gelungen, Eigenkapital aufzubauen und bei Kündigungen Genossenschaftsanteilen stets zurückzuzahlen. Insofern ist die Neuregelung rein
theoretischer Natur.
Es entsteht also keinem Mitglied ein Nachteil. Das einzig Neue ist, dass für die Auszahlung künftig die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich ist. Damit wird der Baseler Forderung nach einer theoretischen Verweigerung der Rückzahlung Rechnung getragen.
Konkreter Änderungsvorschlag unserer Satzung:
§ 10 Auseinandersetzung
... (2) Das ausgeschiedene Mitglied hat Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens;
für die Auszahlung ist die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich."
Frage: Doch ist damit Basel III abgehakt?
Antwort:
Daran bestehen doch sehr berechtigte Zweifel. Denn, was nützt ein Satzungsänderung, wenn das darüber stehende Genossenschaftsgesetz diese nicht zuläßt oder vorsieht. Und das Gesetz steht über der Satzung! Was dort geregelt ist, kann nicht durch die Satzung ausgehebelt werden. Es können Modalitäten und Fristen geregelt werden, aber die Auszahlung kann nicht verweigert werden. Aber genau das würde jedoch mit der vorgeschlagenen Satzungsänderung durch den Zustimmungsvorbehalt von Vorstand und Aufsichtsrat möglich. Die Folge wäre die Klage des Mitglieds und der sofortigen Anerkennung des Anspruchs.
Praktisch bedeutet das auch, dass sich die Organe vermischen. Der Aufsichtsrat überwacht nicht mehr nur die Tätigkeit des Vorstands sondern erhält eine eigene direkte Geschäftsführungsbefugnis gegenüber den Mitgliedern. Wer überwacht dann die Tätigkeit des Aufsichtsrats?
Der Bericht über die Tätigkeit des Aufsichtsrats muß entsprechend erweitert werden, denn die meisten Berichte sind häufig völlig nichtssagend und inhaltslos.
Folge: Der Prüfverband wird auch hier wieder mustergültig einspringen und auch diesen Bereich gebührenpflichtig überprüfen.
Schließlich noch die Frage: Wenn sich praktisch nichts ändern soll, dann geben die Beteiligten schon jetzt, zu sich nicht an die Satzung bzw. an Basel III halten zu wollen?
Dann wird die Regelung aus Basel III, die aus gutem Grund dort eingeführt werden soll, praktisch ausgehebelt und widerspricht damit den Vorgaben von Basel III.
Bedenklich ist auch, dass keinerlei Kriterien für die Verweigerung der Zustimmung genannt werden. Es muß nicht mal eine Begründung dafür abgegeben werden. Die Organe entziehen sich damit einer Kontrolle durch die Mitglieder. Warum wird nicht gesagt, dass die Regel erst greifen soll, wenn eine Rate des Kernkapitals bedroht würde. Stattdessen wird eine Generalklausel eingeführt, die der ohne hin schon hohen Willkür (siehe Folgen des Ausschlussen von kritischen Mitgliedern, selbst wenn diese völlig unberechtigt sind und später gerichtlich aufgehoben werden) gegenüber den Mitgliedern eine weitere Möglichkeit eröffnet.
Es zeigt sich hier erneut, dass die Form der Genossenschaft bei Banken erneut an die Grenzen stößt. Einerseits bestehen die Interessen der Mitglieder an der freien Verfügung ihres Vermögens, die andererseits wird die Freiheit durch die aufsichtsrechtlichen Regeln für Banken eingeschränkt. Mal sehen, ob die Bankmitarbeiter ihre neuen Mitglieder über diese eingeschränkte Dispositionsmöglichkeit auch immer schön informieren!!!!
Nachfolgend die entsprechende Regelung des Genossenschaftsgesetz zur Info
§ 73 Auseinandersetzung mit ausgeschiedenem Mitglied
(1) Nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt eine Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied. Sie bestimmt sich nach der Vermögenslage der Genossenschaft und der Zahl ihrer Mitglieder zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft.
(2) Die Auseinandersetzung erfolgt unter Zugrundelegung der Bilanz. Das Geschäftsguthaben des Mitglieds ist vorbehaltlich des Absatzes 4 und des § 8a Abs. 2 binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. Auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft hat das Mitglied vorbehaltlich des Absatzes 3 keinen Anspruch. Reicht das Vermögen einschließlich der Rücklagen und aller Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden der Genossenschaft nicht aus, hat das ehemalige Mitglied von dem Fehlbetrag den ihn betreffenden Anteil an die Genossenschaft zu zahlen, soweit es im Falle des Insolvenzverfahrens Nachschüsse an die Genossenschaft zu leisten gehabt hätte; der Anteil wird nach der Kopfzahl der Mitglieder berechnet, soweit nicht die Satzung eine abweichende Berechnung bestimmt.
(3) Die Satzung kann Mitgliedern, die ihren Geschäftsanteil voll eingezahlt haben, für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft einen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage einräumen. Die Satzung kann den Anspruch von einer Mindestdauer der Mitgliedschaft abhängig machen sowie weitere Erfordernisse aufstellen und Beschränkungen des Anspruchs vorsehen. Absatz 2 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(
4) Die Satzung kann die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von Absatz 2 Satz 2 regeln; eine Bestimmung, nach der über Voraussetzungen oder Zeitpunkt der Auszahlung ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat, ist unwirksam.
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